Alles zum Thema Sauerteig

Wer einmal begonnen hat mit Sauerteig zu backen und sein Anstellgut liebgewonnen hat, wird gar nicht mehr anders backen wollen.
Sauerteigbrot ist nicht nur richtig gut im Geschmack mit der typischen Sauerteignote, es hat eine saftigere Krume, es hält sich auch länger, wird härter aber nicht bröselig trocken und es ist dazu auch noch bekömmlicher als Hefebrote.

Der Sauerteig besteht aus Mehl (in meinem Fall Roggenmehl) gemischt mit Wasser - wenn er zum ersten Mal angestellt wird, kommen dann wilde Naturhefebakterien aus der Luft hinzu, die sich darin vermehren und wenn man sich gut darum kümmert, zu einem triebfähigen Sauerteig werden.

Als Anstellgut (oft auch ASG) bezeichnet man die Menge an Sauerteig, das man in einem Glas im Kühlschrank aufbewahrt. Am wohlsten fühlt er sich in einem schmalen, durchsichtigen Glas mit einem Schraubdeckel - da sieht man gut wie der Sauerteig ansteigt und wieder absinkt. Den Deckel kann man anschrauben oder auflegen - es funktioniert beides.
Vor dem Backen (meistens am Abend davor) wird der Sauerteig Vorteig angesetzt, da wird das (bei meinen Rezepten gesamte) Anstellgut mit gleichen Mengen Wasser und Roggenmehl gemischt und über Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelassen.

Ich frische mein Anstellgut bei jedem Mal backen gemeinsam mit dem Vorteig auf. Da ich regelmässig mit ihm backe, muss ich ihn nur selten richtig separat füttern.

Zum Auffrischen oder Füttern nehme ich mein gesamtes Anstellgut von ca 50g aus dem Kühlschrank und mische es mit der angegebenen Menge Wasser und Roggenmehl, gebe es in ein grosses Gurkenglas und lege den Verschluss nur drauf. Danach lass ich der Magie ihren Lauf und über Nacht wächst und blubbert er bei Zimmertemperatur richtig. Ich nehme dann die angegebene Menge vom Sauerteigansatz zum Backen und der restliche Sauerteig (sollte gleich viel wie zuvor sein) ist erfrischt, satt und geht wieder als Anstellgut in sein kleines Marmeladeglas in den Kühlschrank.

Sollte ich länger als eine Woche nicht backen, füttere ich mein Anstellgut mit einer 1:5:5 Mischung - 1 Teil Sauerteig Anstellgut (5g) : 5 Teile Wasser (25g) : 5 Teile Roggenmehl (25g) und gebe ihn wieder zurück in den Kühlschrank.
Ein Roggensauerteig sollte immer mit Roggenmehl gefüttert und aufgefrischt werden.

Beim Zubereiten des Sauerteigbrotes gebe ich die Flüssigkeit in die Rührschüssel und dann vorsichtig (nicht die Bläschen zerstören) einen Esslöffel voll Vorteig hinein. Der sollte dann auch an der Oberfläche schwimmen - das ist die Schwimmprobe, die zeigt ob der Vorteig triebstark genug ist und genügend CO2 Bläschen eingeschlossen hat. Wenn er noch nicht schwimmt, dann muss er noch etwas länger reifen.

Dann gebe ich den restlichen Vorteig ins Wasser, streue das Mehl darauf, gefolgt von Salz und Gewürzen.
Das Wasser im Teig sollte angenehm lauwarm sein - zu heißes Wasser tötet die Bakterien im Sauerteig, kaltes Wasser führt dazu, dass die Bakterien langsamer arbeiten und der Teig länger gehen muss.
Salz ist ein Bakterientöter. Daher möchte ich nicht, dass es konzentriert in direkten Kontakt mit meinen Sauerteigbakterien kommt, da sie damit an Triebkraft verlieren. Wenn das Salz mit dem Mehl eingeknetet wird, dann ist es verdünnt und kann unseren Bakterien nichts mehr anhaben.

Besonders Roggen-lastige (mehr als 50% des Mehles) Sauerteige sollten nur kurz auf niedriger Stufe geknetet werden. Wenn der Teig gut vermischt ist, ist er fertig - wer weiter knetet, geht das Risiko ein, dass er übermixt und dadurch immer weicher wird.

Sauerteigbrote rasten vor dem Backen meistens in einem Gärkörbchen - mehr dazu findest du hier.

Ein glückliches Anstellgut im Kühlschrank hat ein paar bis viele Bläschen und riecht säuerlich-leicht süßlich im besten Fall wie Apfelessig. Sobald es triebstark und reif ist, dann ist es auch widerstandsfähig und genügsam. Wenn du es mal länger nicht fütterst oder bei Zimmertemperatur stehen lässt - es wird dir viel verzeihen.

Troubleshooting beim Anstellgut:
Manchmal bildet sich eine Flüssigkeitsschicht oben am Anstellgut - das ist kein Grund zur Panik, sondern ein Zeichen, dass man es etwas vernachlässigt hat. Einfach gut füttern und die Flüssigkeit mit einrühren, dann ist es wieder zufrieden.
Wenn die oberste Schicht leicht austrocknet, kann das Anstellgut auch wieder gefüttert und die trockene Schicht wieder eingerührt werden. Von da an würde ich anraten, den Deckel des Glases anzuschrauben damit das Anstellgut nicht wieder austrocknen kann.
Wenn das Anstellgut stark nach Aceton (oder Nagellackentferner) riecht, ist es schon richtig vernachlässigt worden - die Bakterien haben alles verarbeitet und sind unheimlich hungrig. Auch hier muss das Anstellgut gut gefüttert werden.
Wenn sich im Anstellgut Schimmel befindet, dann kann leider nichts mehr gerettet werden. Das gesamte Anstellgut muss entsorgt werden, da es durch und durch vom Schimmel befallen ist (nicht den Schimmel abkratzen!).

Woher bekommt man einen Sauerteig? Man kann ihn natürlich selbst ansetzen - gute Anleitungen findet ihr hier oder hier oder hier. Ein frisch angesetztes Anstellgut ist noch nicht sehr triebstark und muss noch reif werden - das heißt man muss es oft füttern, damit es immer stärker wird..
Ihr könnt auch hier ein triebstarkes Anstellgut bestellen, ansonsten gibt es auch die Möglichkeit von Freunden oder vom Bäcker etwas Anstellgut zu bekommen oder über die Sauerteigbörse (in D) welches zu besorgen.

Gekauftes Sauerteigextrakt, Flüssigsauerteig oder Trockensauerteig ist ein Aromastoff und hat an sich keine Triebkraft sondern bringt nur Säure ins Brot. 

Um das Anstellgut haltbar zu machen, wird oft geraten es zu trocknen oder einzufrieren. Zum Trocknen dünn auf ein Backpapier aufstreichen und bei Zimmertemperatur trocknen lassen, dann kannst du es in ein Glas geben und 3-4 Monate aufbewahren (dann verliert es die Triebkraft). Mit dem Einfrieren habe ich noch keine Erfahrung, da hab ich aber ganz unterschiedliche Meinungen gelesen - also kann ich für Nichts garantieren.

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